Claudia Steiger

Ein sperriges Jubiläum

Konzil von Nizäa (Foto: Wikipedia)

Heuer wird 1700 Jahre Konzil von Nizäa gedacht, gefeiert, begangen. Das erste ökumenische Konzil wurde wegen Streitigkeiten einberufen, und es steht am Beginn weiterer Streitigkeiten – bis heute!
Das Konzil von Nizäa festigte erstmals auch Glaubenssätze, die im Credo noch heute gesungen werden. Meist lateinisch. Weit weg. Sperrig. Vertraut unvertraut. Das Seelsorgeteam hat angedacht, einzelne Sätze des später ergänzten und darum so geheissenen «Nicänokonstantinopolitanum» aufzuschliessen: im Wochenimpuls, im «forumKirche» oder auch anderswo...

Thomas Markus Meier, Pfarreiseelsorger


Mit dem Herzen glauben
Wenn im Festgottesdienst der Kirchenchor das Glaubensbekenntnis anstimmt, hören wir jeweils den einleitenden lateinischen Satz: Credo in unum deum. Damit beginnt das Grosse Glaubensbekenntnis, also jenes von Nizäa und Konstantinopel, das heuer 1700 Jahre alt ist. Aber auch das «kleine», das apostolische, welches wir jeweils im Gottesdienst beten.

Im Deutschen übersetzen wir es gewöhnlich mit «Ich glaube an Gott». Diese Übersetzung trifft aber nicht die tiefere Aussage, die im lateinischen Satz steckt. Meine Lieblingsheilige Edith Stein übersetzt es so: «Ich glaube zu Gott hin». Ich wende mich also Gott zu, ich strebe nach ihm. Und sie übersetzt richtig. Denn das lateinische Wörtchen «in» meint genau das.

Im Credo geht es daher nicht bloss um den Ausdruck einer religiösen Weltanschauung, ein Fürwahrhalten Gottes, sondern um ein persönlich-existentielles Beziehungsgeschehen. Das unterstreicht auch das Wörtchen «Credo». Es setzt sich nämlich zusammen aus «Cor» (Herz) und «dare» (geben). Wem ich glaube, dem schenke ich sozusagen mein Herz.

Dies sei ganz zu Beginn betont: Glauben geht nicht nur einfach über den Kopf. Glauben ist eine Herzensangelegenheit. Wer Glauben als Beziehung versteht, für den geht tatsächlich eine Welt auf.

Roland Häfliger, Pfarrer


«Ich glaube an die sichtbare und die unsichtbare Welt»
Wochenimpuls zum Grossen Glaubensbekenntnis und den Psalmen - nachzuhören und zu -sehen bei unseren Wochenimpulsen oder hier.

Thomas Markus Meier, Pfarreiseelsorger


Vorgeschichte und Nachhall
«Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzet würde», klingt die Weihnachtsbotschaft nach. Keiner der drei Bestandteile des Namens «Imperator Cäsar Augustus» hatte die Bedeutung, die allen in späterer Zeit allerdings zukommen sollte – als Herrschertitel. Am ehesten noch das religiös angehauchte «Augustus» (der Erhabene).

Mit Kaiser Augustus eben begann eine völlig neue Herrschaft, eine neue Ära: das römische Kaisertum. Der oberste Kriegsherr erscheint den Zeitgenossen als ein vom Himmel gesandter Retter und Wohltäter. Wir merken es kaum noch, wie das Evangelium gleichzeitig mit einer neuen Weltordnung erscheint, dieser aber entgegenläuft. Nicht der Kaiser steht für Frieden, sondern das Krippenkind. Das römische Kaisertum jedoch fiel genauso wenig aus dem Himmel, wie die Weihnachtsbotschaft. Beide hatten eine Vorläufergeschichte und eine spätere Entwicklung.

Ähnlich dann das erste Konzil. Einberufen nun vom ersten christlichen Kaiser, von Konstantin. Es markiert einen Wendepunkt, nicht ohne Vorgeschichte und nicht ohne Nachhall. Evangelium und Credo, beide Kinder ihrer Zeit, die eine Entwicklung vor sich haben, grösser werden, reifer.

Evangelium und Credo: Beide müssen wir immer wieder durchbuchstabieren in die jeweilige Zeit, ins Heute. «Es begab sich zu der Zeit» ist vorbei und geht doch weiter. Mit dir, mit mir…

Thomas Markus Meier, Pfarreiseelsorger


Wer ist dieser Jesus für mich?
In diesem Jahr feiern wir 1700 Jahre ökumenisches Konzil von Nizäa und darin ganz besonders das Grosse Glaubensbekenntnis. Im Jahr 325 wurde das Konzil aufgrund verschiedener Streitigkeiten von Kaiser Konstantin einberufen. Ziel war unter anderem, Einigkeit zu finden – insbesondere über den Glauben im Verhältnis zwischen Gott Vater und Jesus.

Wenn Jesus Gottes Sohn ist und als menschgewordener Gott betrachtet wird, glauben wir dann an zwei Götter? Zum einen an den Vater und zum anderen an den Sohn, die beide nebeneinander herrschen? Ist Jesus als Mensch geringer als Gott? Oder ist er die Maske Gottes und selbst der Vater? Sehr schwierige theologische Fragen und Konflikte mussten damals geklärt werden.

Folgend einige Glaubensaussagen im nizäischen Credo über Jesus: «Ich glaube an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, … eines Wesens mit dem Vater.»

Ich weiss nicht, welche Gedanken und Vorstellungen Ihnen kommen, wenn Sie an Gott den Vater denken und an Jesus als Gottes Sohn. Oder welche Verse des Credos Sie vielleicht auch ablehnen. Gerade in Bezug auf das Jubiläum und auch als Christin, möchte ich Sie einladen, sich zu fragen: Wer ist dieser Jesus für mich? Welche Bedeutung hat er in meinem Leben?

War er einfach ein spannender Mensch, der vor 2000 Jahren hier auf Erden gelebt und ein sehr beispielhaftes Leben geführt hat? Oder glauben wir, dass er als Christus auch heute noch in der Welt wirkt? Er, «aus dem Vater geboren vor aller Zeit». Er, der eins ist mit Gott dem Schöpfer und Ursprung allen Lebens. Deines Lebens und meines Lebens. Was antworten Sie ihm auf die Frage: «Ihr aber, für wen haltet ihr mich?» (Markus 8,26).

Ich hoffe, Sie finden für sich eine passende Antwort und können gerade jetzt in der Fastenzeit und auf Ostern hin mit ihm in den Dialog treten. Wo? Zuhause, in der Kirche, in der Natur, niedergeschrieben auf Papier – was Ihnen passt und wer weiss, vielleicht kommen auch andere Fragen auf: Vater, wer bin ich für dich?

Gottes Segen wünscht Ihnen allen,
Stefanie Hug, Katechetin RPI


Sperriges im Grossen Glaubensbekenntnis
Das Glaubensbekenntnis von Nizäa, das heuer 1700 Jahre alt wird, ist umfangreicher als jenes, das wir in den Gottesdiensten sprechen. Es birgt auch weitere Aussagen, wie zum Beispiel: «Ich glaube an Jesus Christus, gezeugt, nicht geschaffen». Gezeugt? Wie bitte? Wie ist das gemeint?

Im alten Ägypten gab es wirklich noch die Vorstellung, dass der König Gottes Sohn und von ihm gezeugt ist. In anderen Kulturen, so auch in Israel, war diese Vorstellung bereits entmythologisiert. Der Gedanke einer physischen Zeugung des Königs durch die Gottheit wurde ersetzt durch einen Akt der Erwählung. «Gezeugt» meint in diesem Kontext also «erwählt».

So ist auch der Psalmvers zu verstehen, der seinen Sitz im Krönungsritual Israels hat und später auch auf Jesus angewendet wurde: «Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt.» Oder bei der Taufe Jesu im Jordan erklingt das auch wieder. Jesus hört Gott tief in seinem Herzen zu ihm sprechen: «Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Freude.»

Und diese Erwählung, Kind Gottes zu sein, gilt ja auch uns allen. Wir sind Töchter und Söhne Gottes. Weil Gott das so will. Jesus aber ist der einzigartige Sohn, der einzigartig Erwählte. Oder der «eingeborene» Sohn, auch so eine sperrige Formulierung im Glaubensbekenntnis.

In Jesus Christus ist Gott selbst eingegangen in unser Menschsein, in unüberbietbarer Weise.

Roland Häfliger, Pfarrer


«Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt»
Wochenimpuls zum Grossen Glaubensbekenntnis - nachzuhören und zu -sehen bei unseren Wochenimpulsen oder hier.

Alex Hutter, Diakon
Bereitgestellt: 28.02.2025      
aktualisiert mit kirchenweb.ch